Historische Gärten und Anlagen stehen aber nicht nur im Spannungsfeld konkurierender Nutzungsansprüche,
sondern ebenso oft auch divergierender finanzieller Intentionen.
Dieter Hennebo

Artikel - Gartendenkmalpflege

Engelstor, erbaut 1733 (Archiv von Grone)

Gutspark Westerbrak

STADT UND GRÜN
Ausgabe 4 1998
Text: Jutta Curtius
Seite: 273-277

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Gutspark Westerbrak

Gartendenkmalpflegerische Beiträge zur Erhaltung, Pflege und Entwicklung

JUTTA CURTIUS

Rittergut und Dorf Westerbrak liegen im Kreis Holzminden (Niedersachsen), nahe der Stadt Bodenwerder im Tal der Lenne, die kurz darauf in die Weser mündet. Der Garten des seit 1618 bestehenden Rittergutes blickt auf eine etwa 300jährige Geschichte zurück. Die Gutsgebäude, der Garten und die Allee stehen unter Denkmalschutz. Das Gut ist seit 1618 Eigentum der Familie von Grone.
1996 erfolgte erstmals eine gartengeschichtliche Aufarbeitung durch die Verfasserin in Form einer Diplomarbeit an der Gesamthochschule Paderborn in Zusammenarbeit mit dem Institut für Grünplanung und Gartenarchitektur der Universität Hannover.
Eine Darstellung der Familiengeschichte, bezüglich der Entstehung von Dorf und Gut Westerbrak gibt Hölscher zum einen in den Ortssippenbüchern, zum anderen in einer bisher unveröffentlichten Reihe zur Heimatgeschichte. Agnes von Grone verfaßte 1971, angeregt durch den Fund einer Skizze des Rittergutes von 1776 für die damalige Landesbrandkasse, eine Abhandlung, welche vom braunschweigischen Geschichtsverein veröffentlicht wurde.
Die intensive Sichtung des Familienarchivs in Westerbrak, die Sammlung weiterer relevanter Informationen und eine bewertende Bestandsaufnahme läßt die Bedeutung des Gartens heute in einem neuen Licht erscheinen.
 

Entwicklung des Rittergutes und seines Gartens

Die Geschichte des Rittergutes Westerbrak ist eng verbunden mit der Entwicklung des Dorfes Westerbrak. Mit den Worten „[...] in Westirbracha I mansu [...]“, wird das Dorf erstmals 1033 von Kaiser Konrad II. urkundlich erwähnt. Es folgen Belehnungen der Eversteiner, später der Homburger, bis es 1409 an das Herzogtum Braunschweig fällt. Die Familie von Grone nimmt 1468 im Nachbardorf Kirchbrak ihren Wohnsitz, und seit 1545 sind etliche Besitzungen auch in Westerbrak nachweisbar. Eigenständiges Rittergut wurde es aber erst 1618, als Heinrich von Grone das Gut Kirchbrak unter seinen drei Söhnen aufteilte und Westerbrak an Heinrich Albrecht von Grone fiel.
Der begann im selben Jahr mit dem Bau eines Herrenhauses. Durch seine Heiratet 1625 mit Brigitte Elisabeth von Minnigerode konnte der Besitz in Westerbrak vergrößert werden. Gleichzeitig hinterließ aber auch der 30jährige Krieg in Westerbrak seine Spuren. 1625 fiel Tilly plündernd und verwüstend in den Dörfern des Sollings ein. Dabei wurde auch Heinrich Albrecht von Grone 1641 von einem schwedischen Marodeur so schwer verwundet, daß er seinen Verletzungen erlag.
Die erste Blütezeit des Gutes begann unter seinem Enkel Henrich Eckbrecht von Grone (1649-1726) hochfürstlicher Schatz- und Landrat der braunschweigischen Herzöge und des ersten Probstes des Stiftes Steterburg. Der Garten wurde in den Jahren 1667 - 1678 geschaffen. Dafür wurde die Fläche zwischen den Gutsgebäuden und dem Dorf gewählt. Das Gelände wurde in drei ansteigenden Terrassen gestaltet, auf deren obersten Ebene stand das 1618 erbaute Herrenhaus. Das „Protocolla Commissionis“ gibt Auskunft, in welchem Zustand sich das Rittergut und der Garten zu Lebzeiten seines Schöpfers befand. „[...] daß die hohen Hecken des Gartens bereits damals wie der selige Herr Schatz Rath gelebt gewesen, auch wäre das Gartenland gehörig bestellet, und derselben mit Frantz und anderen Bäumen gut versehen gewesen. Einige Taxusbäume wären auch damals schon gewesen. Nicht weniger die Fontaine [...]“. Ferner heißt es, daß der nächste Besitzer August Ernst Carl von Grone, der schon in jungen Jahren die Position eines geheimen Legationsrates am braunschweigischen Hof inne hatte, den Garten und den Hof verschönerte.
Nach einem Brand ließ er auch andere Gebäude abreißen, um den neu zu errichtenden Gutshof einen symmetrischen Grundriss zu geben. In dieser Bauphase wurde auch der Glockenturm am Eingang des Gutes erbaut, welcher somit das Pendant zum Turm des damals noch vorhandenen Herrenhaus bildete.
Als repräsentativen Eingang zum Garten ließ er auf der unteren Terrasse im Zuge der östlichen Einfriedungsmauer ein barockes Portal errichten (Abb. 1): Zwei Engel mit der Doppelgesichtigkeit der Janusdarstellungen halten das bekrönte Familienwappen; daher der Namen „Engelstor“.
 

Engelstor, erbaut 1733 (Foto Curtius)

Abbildung 1: Engelstor, erbaut 1733 (Foto Curtius)


August Ernst Carl von Grone vergrößerte das schon unter seinem Vater vorhandene Bassin der Fontäne und baute ein achteckiges Lusthaus, welches aber 1776 schon wieder verfallen war. 1761 wurde durch die Allgemeine Landvermessung von 1746-1784 auf Anordnung des Herzogs Carl von Braunschweig-Wolfenbüttel ein Planwerk geschaffen, das deutlich die symmetrische Aufteilung des Hofbereiches und des Gartens zeigt. Dem Plan muß große Bedeutung zugemessen werden, da sein Verfasser Georg Christian Geitel (1744/45-1811) sich von den zahlreich tätigen Vermessern dieser Landesvermessung durch besondere Genauigkeit und gute Ausführung auszeichnete (Abb. 2).
 


Plan von Geitel 1761 (Archiv von Grone)

Abbildung 2: Plan von Geitel 1761 (Archiv von Grone)


Der Feldriss zeigt eine deutliche Strukturierung bzw. Aufteilung der Gutsanlage. In Verbindung mit weiteren Archivalien, welche den Zustand Anfang des 18. Jahrhunderts beschreiben, lassen sich darüber hinaus weitere Elemente der Gartenkunst erkennen, die teilweise mit den Ausführungen Dezailler d’ Argentville in der Übersetzung von Frantz Antoni Danreitter (1731) „Die Gärtnerey sowohl in ihrer Theorie oder Betrachtung“ vergleichbar sind:
 

  1. Hofteil und Garten entsprechen sich in ihrer Größe, (mit jeweils etwa 7050m2) und in etwa in ihrer rechteckigen Form. Der spiegelbildliche Aufbau der Gebäude unterstreicht diese symmetrische Proportion.
  2. Das Schloß liegt zur Mittelachse des Gartens westlich versetzt.
  3. Der Garten ist an drei Seiten von einer Mauer umgeben, so daß keine Sichtbeziehungen in die umgebende Landschaft möglich sind.
  4. Der Garten weist einen orthogonalen Aufbau auf, der sich an seiner durchgehenden Mittelachse orientiert. Er wird durch eine fast ebenso breite Querachse in zwei Räume geteilt. Der erste befindet sich in Schloßnähe und enthält zwei weitere untergeordnete schmalere Querachsen, zwischen denen sich auf der Mittelachse das Fontänebecken befindet. Seine vermutlich aufwendigere Gestaltung im vorderen Bereich wird durch die Zeichnung deutlich.
  5. Die barocke Formensprache zeigt sich u.a. darin, daß ein kleines Bauwerk am Ende der Mittelachse eingezeichnet ist, über dessen Aussehen und Funktion allerdings keine Informationen vorliegen.
  6. Als letztes Element sei die Allee erwähnt, welche durch ihren konischen Verlauf und dem gleichzeitigen Geländeanstieg eine optische Verlängerung hervorruft und so eine hervorragende Raumwirkung schafft.



Zur Ausstattung der einzelnen Gartenteile werden in den Archivalien zunächst „Espaliere“ genannt. Spaliere dienten neben dem Befestigen und Formieren der Zweige von Obstbäumen auch als begrünte Räume für Spaziergänge und Aufenthalte. Für Westerbrak werden sowohl Spaliere aus den sogenannten Franzbäumen - pyramidal gezogenes Kernobst, welches als französische Erfindung Ende des 17. Jahrhunderts in die Gartengeschichte einging - als auch aus Holz hergestellte Rankgerüste erwähnt. Außerdem ist der Garten mit zahlreichen „inneren und äußeren Hecken“ versehen, wobei als Gehölze Eiben und Tannen genannt werden. Eine Gestaltung mit ähnlich vielen Hecken ist z.B aus Wendhausen und dem später angelegten Antoinettenruh bekannt.
Der Repräsentationswille der Besitzer von Westerbrak zeigt sich unter anderem durch den Bau eines Berceau (Bogenlaube), die in der Regel nur „von Personen von hohem Stande“ errichtet wurden.
Aus einer Jahreszeitengruppe sind drei Skulpturen erhalten, erkennbar an Garbelbündel (Sommer), Weintrauben mit Faß (Herbst) und umhüllender Mantel (Winter) (Abb. 3).
 

Den Winter darstellenden Putto (Foto Curtius)

Abbildung 3: Den Winter darstellenden Putto (Foto Curtius)


Eine Ansichtskizze von 1776 zeigt das Herrenhauses und die Gutsgebäude. Das Schloß, ein zweistöckiger Bau mit vorgelagerter Doppeltreppe und schmiedeeisernem Geländer, zeigt mit seiner breiten Hauptfront zum Hofeingang gerichtet. Davor lag seit 1668 ein kleiner Garten mit pyramidenartigen rosenumrankten Holzgestellen, die durch Blumengirlanden miteinander verbunden waren, und als der „Berceau-Garten“ bezeichnet wurde. Der repräsentative Bereich des Herrenhauses ist durch eine Mauer vom Wirtschaftshof getrennt. In nördlicher Richtung schließt sich der Lustgarten an, bestehend aus der mittleren und der unteren Terrasse.
Der Aufbau des Gartens deutet auf den Einfluß des Fürstentums Braunschweig hin. Die Braunschweiger Residenz übte zwar im 17. Jahrhundert keinen weitreichenden Einfluß auf die europäische Politik, entwickelte sich aber in kultureller und künstlerischer Hinsicht zu einem der angesehensten Häuser der Epoche. Natürlich sind die großen fürstlichen oder auch königlichen Anlagen nicht als direkte Vorlage für die kleinen adeligen Gutsgärten anzusehen, doch hatten die großen Anlagen einen Vorbildcharakter, dem nachgeeifert wurde.
So wirkt sich in Westerbrak der holländische Einfluß aus, bedingt durch die Nähe zu den großen Anlagen Norddeutschlands, z.B. Herrenhausen und Salzdahlum. Der Garten befindet sich jeweils in einem fest umschriebenen Areal und strahlt nicht wie französische barocke Gärten in die Umgebung aus. Auch die Kombination von Nutz- und Ziergarten weist auf holländischen Einfluß hin.
Einen starken Einschnitt erfuhr Westerbrak durch einen im Jahre 1755 eintretenden Konkurs, und der dadurch bedingten Bewirtschaftung durch verschiedene Pächter. Zahlreiche Baulichkeiten verfielen, und die Pflege des Lustgartens wurde vernachlässigt. „Die Verwilderung der Hecken, welche den Garten ganz dumpfigt machten, die große Menge abgängiger Bäume und wüster Gänge, der Verfall der Staquetten und Espalliers in dem Garten und auf dem Hofplatze, geben davon Beweis ab.“ Erst 1771 konnte der Neffe Carl Rudolph von Grone die Schulden tilgen und das Anwesen wieder aufbauen.
 

Veränderungen seit dem 19. Jahrhundert

Das Schloßgebäude allerdings verfiel zusehends, so daß es 1816 abgerissen wurde. Auf seiner Grundfläche entstand nun auf der oberste Terrasse ein Gartenraum, der als Ort der Vergnügung, als Ausblick auf die Straße nach Bodenwerder und als Bleichplatz genutzt wurde.
Die Familie nahm ihren Wohnsitz im baulich gut erhaltenen Brauhaus. Nachdem das aber nicht genug Platz bot, wurde 1855 zur Gartenseite hin ein Anbau errichtet.
Die Grundstrukturen der Gartenanlage in Westerbrak wurden bis zum Ende des 19. Jahrhunderts beibehalten. Allerdings müssen Hecken, Alleen und Spaliere den mit Buchs eingefaßten Rabatten weichen, die jetzt den Rahmen für die Nutzpflanzen bilden.
Eine Aufnahme von ca. 1880 zeigt den Garten, aus einem Fenster des Herrenhauses fotografiert (Abb. 4).
 

Garten um 1880 (Archiv von Grone)

Abbildung 4: Garten um 1880 (Archiv von Grone)


Im vorderen Bereich ist eine Rasenfläche mit runden Blumenbeeten zu erkennen, dahinter der Weg, der vor der Terrassenmauer entlangführt, welche von Strauchwerk fast verdeckt ist. Vor der Mauer befindet sich eine Rosen- und Blumenpflanzung, von Buchs eingefaßt. Die Bildmitte zeigt die mittlere Terrasse. Das Wegenetz entspricht hier noch den ursprünglichen Strukturen des barocken Wegenetzes. Das ehemalige Fontänebecken liegt zwischen den beiden Querwegen und ist bepflanzt. Die Wegränder sind mit Buchs abgefaßt, dahinter sind Staudenpflanzungen erkennbar. Auf den Beeten selbst wächst Gemüse. Der Garten befindet sich in einem sehr gepflegten Zustand. So sind die Wege geharkt, der Buchs beschnitten, die Rosen an Spalieren gezogen und der Rasen gemäht. Auf der unteren Terrasse stehen große Bäume.
Die weitere prosperierende Entwicklung ließ es zu, daß in Westerbrak die alten Strukturen des Nutz- und Ziergartens etwa 1880 beseitigt und neue Elemente im Sinne des Landschaftsgartens eingefügt wurden. Hierbei blieben die Substrukturen (Relief, Terrassierung, Einfriedung) unverändert. Bei dieser Umgestaltung wurden lediglich die geometrischen Formen entfernt und verschiedene, dem Zeitgeist entsprechende Bäume gepflanzt.
Eine entscheidende Wende für Westerbrak wurde 1909 durch die Heirat von Siegfried A. von Grone mit Agnes Freiin von Hammerstein, aus dem Hause Loxten Schwerin eingeleitet. Neben den zahlreichen baulichen Veränderungen widmete sich die neue Herrin mit Enthusiasmus dem Lustgarten und gab ihm, dem Zeitgeschmack und somit auch den Vorstellungen der reformierten Gartenkunst entsprechend, seine architektonischen Grundzüge zurück. Auf der mittleren Terrasse entstand wieder ein geometrischer Garten, der die Substruktur und Teile der Hauptstruktur des ehemaligen Barockgartens aufnahm und diesen mit neuen modernen Formelementen ausschmückte. Die barocke Mittelachse als Verlängerung des östlichen Treppenabgangs wurde als Weg wieder ausgebaut. Wiederhergestellt wurden auch die parallel zur Mittelachse verlaufenden westlichen und östlichen Wege. Die Querachse wurde jedoch auf die Höhe des noch an dieser Stelle vorhandenen barocken Rondells verlegt, so daß das nun im Kreuzungspunkt liegt. Der sich daran anschließende Gartenteil, mit seinen zu der Zeit nachweisbaren drei Grotten, wurde als Baumgarten belassen.
Als neue Elemente wurden die langen, für die 20er Jahre des 20. Jahrhunderts so typischen Staudenrabatten, im Sinne von Gertrude Jeckyll hinzugefügt. Sie gaben dem Garten eine besondere reizvolle Atmosphäre (Abb. 5).
 

Staudenrabatten um 1960 (Archiv von Grone)

Abbildung 5: Staudenrabatten um 1960 (Archiv von Grone)


 

Die heutige Situation

Einen erheblichen Flächen- und Substanzverlust erfuhr der Park, als er wegen einer Straßenbaumaßnahme 1976 angeschnitten wurde, und die untere Terrasse - trotz 10jähriger Bemühungen um ihren Erhalt - dem Straßenbau zum Opfer fiel. Durch diese Eingriffe wurden die bisherigen harmonischen Raumverhältnisse zwischen Park und Gutsbetrieb gestört. Auch die Verbindung zwischen dem Gut und dem Dorf, wurde durch die breite Straße und die dahinter liegende Rasenfläche zerschnitten. Das Engelstor wurde als Abschluß des Mittelweges in die Mitte der nördlichen Mauer versetzt, die auf einer Böschung stehend, keinen direkten Zugang hat und damit ihre funktionale Anbindung verlor.
Neben dieser Minderung erfuhr das gesamte Rittergut in den letzten Jahrzehnten weitere Einschnitte. Da sich eine historische Gutsanlage als geschichtliche und wirtschaftliche Einheit seines Gebäudebestandes, seiner landschaftsgestaltenden Elemente und seiner Betriebsflächen definiert, lebten und arbeiteten früher, verbunden durch die traditionelle Vielfalt an Produkten, viele Menschen innerhalb des Betriebes. Der allgemeine Strukturwandel, verbunden mit den veränderten wirtschaftlichen Verhältnissen, ist die Ursache, daß im Gutsgarten Westerbrak aus Ersparnisgründen die Staudenrabatten entfernt wurden, und andere Bereiche nur noch extensiv gepflegt werden können.
Trotz einiger Veränderungen geht die heutige Gestalt des Gartens aber noch partiell auf die ursprüngliche frühbarocke Anlage zurück. Erhalten sind: die Einfriedung, das Relief, die beiden oberen Terrassen (unterste Terrasse heute Straße und große Rasenfläche im Dorf), Engelstor, Treppen, Bassin, Skulpturen, Lindenallee. Aus der landschaftlichen Phase sind zahlreiche stattliche Bäume erhalten, die heute den Hintergrund des Gartens bilden. Die heutige Wegeführung zeigt die Rekonstruktionsabsicht der 20er Jahre dieses Jahrhunderts. Dabei gehen die Längsachsen auf den barocken Zustand zurück; die Querachsen sind Neugestaltungen, welche auf den damaligen architektonischen Gartenkonzepten entwickelt wurden.
In den letzten 20 Jahren konzentrierte sich die Pflege- und Erhaltungsmaßnahmen vor allem auf die Gutsgebäude, so daß man hier ein recht malerisches Bild vorfindet. Die Pflege des Gartens wurde, wie bereits erwähnt, erheblich eingeschränkt, so daß durch die Herausnahme der stilprägenden Staudenrabatten der Erlebniswert deutlich geschmälert wird. Weiterhin bewirkte die Entfernung der westlich begrenzenden Hecke und eine Neupflanzung mit standortuntypischen Gehölzen im Bereich des Baumgartens eine Verfälschung des Erscheinungsbildes. Vor allem ergeben sich aber Probleme durch die Überalterung der Bäume, die vor allem bei der Linden- und Eschenallee besonders gravierend sind.
Geeignete Maßnahmen zur Erhaltung des Gartendenkmals erscheinen zwingend notwendig. Im letzten Jahr wurde mit der Wiedererrichtung der eingestürzten östlichen Terrassenmauer eine Wende für den Garten eingeleitet, die mit weiteren Maßnahmen fortgesetzt werden sollte.
 

Maßnahmen zur Erhaltung des Gartens

Der Gutsgarten Westerbrak hat auf Grund der Straßenbaumaßnahmen in den 70er Jahren einen Teil seines Charakters verloren. Die Forderung, die Straße zurückzubauen, das Engelstor an seinen alten Platz zu stellen und zu versuchen den Garten zu rekonstruieren wäre wohl unverhältnismäßig, eine erklärende Hinweistafel aber sicherlich sinnvoll.
Für den Gutsgarten gilt es nun, die noch vorhandene historische Substanz zu erhalten, andere Bereiche durch Wiederinstandsetzungsarbeiten zu sichern und auf der Grundlage alter Fotos neu zu gestalten, um den Garten in seiner räumlichen Konzeption erlebbar zu machen. Als die fünf wichtigste Maßnahmen sind zu nennen:
 

  1. Erstellung eines Gutachtens der Allee und weiterer geschädigter Bäume. (Inzwischen für Teilbereiche geschehen)
  2. Erhaltung bzw. Wiederherstellung des orthogonalen Wegenetzes.
  3. Abpflanzung der westlichen Gartenseite mit einer Hecke, um die Geschlossenheit des Gartenraumes wieder zu betonen.
  4. Erneuerung, bzw. Neupflanzung der Feinstruktur mit den in den 20er Jahren vorhandenen Staudenrabatten und anderen Blumenschmuck
  5. Entfernung der zahlreichen Neupflanzungen, welche nicht der Gattungswahl und dem Charakter des Baumgartens entsprechen.

 

Engelstor, erbaut 1733 (Foto Curtius)

Abbildung 6: Konzeptplan zur Erhaltung des Gartens in Westerbrak (Curtius 1996)


Bei der Entwicklung des Konzeptes wurde sehr sorgsam mit dem Gartendenkmal umgegangen und ein schrittweises Vorgehen vorgeschlagen, wobei den bestandserhaltenden Maßnahmen der Vorrang einzuräumen ist.
In Westerbrak begegnet man heute also einer Anlage, die auf den formal-geometrischen Strukturprinzipien seiner beiden Blütezeiten beruht, die auf die Sensibilität und produktiv-schöpferischen Tätigkeit seiner Besitzer hinweist, welche die neuen reformierten Gartengestaltungen mit den überkommenen feudal barocken Werten in Einklang brachten.
Die Bedeutung des Gartens ergibt sich aus seinem geschichtlichen Wert, dem Alterswert, seinen Aufzeigen unterschiedlichen Stilphasen und dem daraus resultierenden kulturgeschichtlichen Wert. Er ist Zeugnis früheren und heutigen gesellschaftlichen Lebens, eingebettet in die Territorialgeschichte. Die Bedeutung des Gartens ergibt sich weiterhin aus seinem künstlerischen Wert, verbunden mit seinen aufeinander abgestimmten Proportionen und Baulichkeiten, seinem wissenschaftlichen Wert als Beispiel und zuletzt seinem städtebaulichen Wert mit seiner Einbindung von Gut und Dorf.
Diese Gründe sollten ausreichen, der Gartenanlage in Westerbrak erhöhte Beachtung zu schenken und seine Erhaltung und Pflege zu unterstützen, um damit seine Lebendigkeit, die er auch heute noch ausstrahlt, zu erhalten.

Literaturnachweis

  1. DANREITTER, FRANTZ ANTONI (1731): Die Gärtnerey sowohl in ihrere Theorie oder Betrachtung. Hrsg. Harri Günther. 1986 Leipzig. Verlag Richter, München
  2. DANREITTER, FRANTZ ANTONI (1731): Die Gärtnerey sowohl in ihrere Theorie oder Betrachtung als Praxis oder Übung. Nachdruck 1986 Harri Günther. Hrsg. Leipzig.
  3. HENNEBO, DIETER (1965): Geschichte der deutschen Gartenkunst. Band II. Der architektonische Garten. Hamburg. S. 167
  4. Hölscher, Hans (1984): In: Ortssippenbuch (1614-1814) des Kirchspiels Kirchbrak. Deutsche Ortssippenbücher. Zentralstelle für Personen und Familiengeschichte. Hrsg. Oppermann, Adolf. Frankfurt- Hannover Reihe B – Band 29. S.7-30
  5. Grone, Agnes von (1971): Eine bisher unbekannte Skizze des Ritterguts Westerbrak (um1776). Braunschweigisches Jahrbuch. Band 52. Selbstverlag des braunschweigischen Geschichtsverein
  6. PROTOCOLLA COMMISIONIS (1770) des Herrn Kammerherrn von Grone hochwohlgeboren: Wie von gronischen Herrn Curattorem bonorum und Contradictorem d.d. Westerbrak. D: 30 Aug et. Segg. 1770. Archiv von Grone
  7. PROTOCOLLA COMMISIONIS (1770): a. a. O.